Wer seine Heimat wirklich liebt,
begnügt sich nicht mit täglichen Lobgesängen,
sie sei die beste, die erste auf der Welt.
Nein, er arbeitet unablässig daran,
dass sie es ist und bleibt.
Guy de Maupassant, 1850 – 1893
Im Herzen steckt der Mensch, nicht im Kopf;
der Sinn und Zweck des Lebens ist kein intellektueller,
sondern ein moralischer.
Arthur Schopenhauer, 1788 – 1860
Der Mensch ist eine Sonne.
Seine Sinne sind seine Planeten.
Novalis, 1772 – 1801
Es gibt zu viele Sorten von Menschen,
als dass man für alle fertige Antworten bereithalten könnte.
Erasmus von Rotterdam, 1469 – 1536
Jetzt ist es Herbst
Jetzt ist es Herbst,
die Welt ward weit.
Die Berge öffnen ihre Arme
Und reichen dir Unendlichkeit.
Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
Die Bäume sehen in den Staub,
Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.
Jetzt ist es Herbst,
Das Herz ward weit.
Das Herz, das viel gewandert ist,
Das sich verjüngt mit Lust und List,
Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen
Und Blicke mit dem Staube tauschen.
Es hat geküsst, ahnt seine Frist,
Das Laub fällt hin, das Herz vergisst.
Max Dauthendey, 1867 – 1918
Herbstklage
Holder Lenz, du bist dahin!
Nirgends, nirgends darfst du bleiben!
Wo ich sah dein frohes Blühn.
Braust des Herbstes banges Treiben.
Wie der Wind so traurig fuhr
Durch den Strauch, als ob er weine;
Sterbeseufzer der Natur
Schauern durch die welken Haine.
Wieder ist, wie bald! Wie bald!
Mir ein Jahr dahingeschwunden.
Fragend rauscht es aus dem Wald:
“Hat dein Herz sein Glück gefunden?”
Waldesrauschen, wunderbar
Hast du mir das Herz getroffen!
Treulich bringt ein jedes Jahr
Welkes Laub und welkes Hoffen.
Nikolaus Lenau, 1802 – 1850
Es ringt der Regen mit dem Winde
Es ringt der Regen mit dem Winde,
Es ringt der Segen mit dem Fluch,
Es ringt das Alter mit dem Kinde,
Es ringt die Sage mit dem Buch.
Es kämpft die Tugend mit dem Bösen,
Es kämpft die Arbeit mit dem Gold,
Es kämpft ein jeglich, jeglich Wesen:
Ob es, und ob es nicht gewollt!
Friederike Kempner, 1836 – 1901
Der letzte Baum
So wie die Sonne untergeht,
Gibt´s einen letzten Baum,
Der, wie in Morgenflammen, steht
Am fernsten Himmelssaum.
Es ist ein Baum und weiter nichts.
Doch denkt man in der Nacht
Des letzten wunderbaren Lichts,
So wird auch sein gedacht.
Auf gleiche Weise denk ich dein,
Nun mich die Jugend lässt,
Du hältst mir ihren letzten Schein
Für alle Zeiten fest.
Friedrich Hebbel, 1760 – 1826
Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
Als welkten in den Himmeln ferne Gärten,
Sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
Aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, der dieses Fallen
Unendlich sanft in seinen Händen hält.
Rainer Maria Rilke, 1875 – 1926
Abschiedslied der Zugvögel
Wie war so schön doch Wald und Feld!
Wie traurig ist anjetzt die Welt!
Hin ist die schöne Sommerzeit
Und nach der Freude kam das Leid.
Wir wussten nichts von Ungemach,
Wir saßen unterm Laubesdach
Vergnügt und froh im Sonnenschein
Und sangen in die Welt hinein.
Wir armen Vögel trauern sehr:
Wir haben keine Heimat mehr,
Wir müssen jetzt von hinnen flieh´n
Und in die weite Fremde zieh´n.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798 – 1874