Spruch des Tages – Mittwoch, den 01.10.2014

 

 

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Hab Dank, du lieber Wind

 

 

Ich bin in den Garten gegangen

und mag nicht mehr hinaus.

Die goldigen Äpfel prangen

mit ihren roten Wangen

und laden ein zum Schmaus.

 

Wie ist es anzufangen?

Sie hängen mir zu hoch und zu fern.

Ich sehe sie hangen und prangen

und kann sie nicht erlangen

und hätte doch einen gern!

 

Da kommt der Wind aus dem Westen

und schüttelt den Baum geschwind

und weht herab von den Ästen

den allerschönsten und besten -

hab Dank, du lieber Wind!

 

 

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben,  1798 – 1874

 

 

Spruch des Tages – Dienstag, den 30.09.2014

 

 

Regen Regen Regen 001

 

 

 

 

Trübes Wetter

 

Es ist ein stiller Regentag,

So weich, so ernst und doch so klar,

Wo durch den Dämmer brechen mag

Die Sonne weiß und sonderbar.

 

Ein wunderliches Zwielicht spielt

Beschaulich über Berg und Tal;

Natur, halb warm und halb verkühlt,

Sie lächelt noch und weint zumal.

 

Die Hoffnung, das Verlorensein

Sind gleicher Stärke in mir wach;

Die Lebenslust, die Todespein,

Sie ziehn auf meinem Herzen Schach.

 

Ich aber, mein bewußtes Ich,

Beschau´ das Spiel in stiller Ruh,

Und meine Seele rüstet sich

Zum Kampfe mit dem Schicksal zu.

 

Gottfried Keller, 1819 – 1890